Herz- und Gefäßmedizin am Philippusstift etabliert neues Herzschrittmacherimplantationsverfahren
Erstellt von Christa Herlinger
21.01.2022 Philippusstift, Herz und Gefäße
102.431: Das ist die Zahl operativer Herzschrittmacher-Eingriffe, die laut dem Deutschen Herzschrittmacher-Register 2018 deutschlandweit durchgeführt wurden. Mehr als eine Million Menschen profitieren in unserem Land von einem Herzschrittmacher.
Die kleinen Implantate – die Schrittmacher der jüngsten Generation wiegen knapp 20 Gramm, sind nur wenige Millimeter dünn und nicht größer als eine zwei-Euro-Münze – helfen Patient:innen, deren Selbstregulation des Herzrhythmus gestört ist. Ihr Herz schlägt zu langsam oder unregelmäßig (Bradykardie). Der Herzmuskel erhält durch das Implantat Impulse, die eine Kontraktion desselben auslösen.
Die Risiken des Eingriffs sind minimal, nach erfolgreicher Implantation ermöglichen die modernen Geräte vielen Herzpatient:innen ein beschwerdefreies Leben. Symptome wie Schwindel, Herzstolpern oder geringe Belastbarkeit verschwinden.
Das trifft aber nicht auf alle Patient:innen zu. Deshalb hat die Klinik für Herz- und Gefäßmedizin im Philippusstift ein Implantationsverfahren etabliert, die sog. HIS-Bündel Stimulation. Von diesem Verfahren, das bundesweit nur an wenigen Kliniken praktiziert wird, profitieren Patient:innen mit Überleitungsstörungen von den Vorhöfen auf die großen Herzkammern (sog. AV-Blockierung).
"Das verbleibende intakte Reizleitungssystem kann weiter genutzt werden."
Dr. Harald Schäfer, Bereichsleiter Herzschrittmacher-Therapie
„Üblicherweise wird die Herzschrittmachelektrode, die in der rechten großen Herzkammer verankert wird, entweder in die Herzspitze oder an der Herzscheidewand platziert“, erklärt Prof. Dr. med. Birgit Hailer, Chefärztin der Klinik für Herz- und Gefäßmedizin im Philippusstift. Dies hat zur Folge, dass die Ausbreitung des durch den Herzschrittmacher über die Elektrode eingebrachten elektrischen Impulses anders geschieht als über das normale Reizleitungssystem. „In der Konsequenz verändert sich der Bewegungsablauf der Herzkammern“, erklärt die Kardiologin. Die Situation für den Patienten verschlechtere sich. „Insbesondere bei einer vorher eingeschränkten Pumpfunktion der linken Herzkammer. Es kommt zu einer schlechteren Belastbarkeit und Luftnot.“
Wir sind froh, dass wir dieses innovative Verfahren im Philippusstift anbieten können.“
Prof. Dr. med. Birgit Hailer, Chefärztin der Klinik für Herz- und Gefäßmedizin
Diesen Patient:innen kann die HIS-Bündel Stimulation helfen. Dabei wird in einem aufwendigen elektrophysiologischen Verfahren das Reizleitungssystem in der Herzscheidewand identifiziert und eine Elektrode direkt dort eingeschraubt. „Die Blockade der Reizleitung wird überbrückt. Das verbleibende intakte Reizleitungssystem kann weiter genutzt werden. Der elektrische Impuls breitet sich wieder physiologisch, also natürlich, aus“, erklärt Dr. Harald Schäfer, Bereichsleiter Herzschrittmacher-Therapie, die Besonderheit des Verfahrens, das nun das Leistungsspektrum der Klinik für Herz- und Gefäßmedizin erweitert. „Wir sind froh, dass wir dieses innovative Verfahren jetzt hier im Philippusstift anbieten können“, freut sich Prof. Dr. Birgit Hailer. „Trägt es doch zu einer noch besseren Versorgung unserer Herzschrittmacherpatienten bei.“
Bild oben: Prof. Dr. med. Birgit Hailer und Dr. Harald Schäfer. Foto: Contilia, C. Herlinger